Plüschsofa und Beton

11592208_18b9946871_qgestatten? Plüschsofa!

Ich verstehe, dass wir unbedingt das flauschige Sofa streicheln wollen vor dem steht, „bitte nicht anfassen“.
Das verstehe ich.
Ich verstehe nur nicht, warum ich in dieser Gesellschaft dieses Sofa bin.

Die Geschichte Schwarzer Menschen in diesem Land, die Geschichte von lockigen Haaren in diesem Land, ist so alt wie dieses Land selbst.
Meine Haare sind nichts außergewöhnliches.
Dass meine Haare schön aussehen, ist mir klar.
Genauso wie meine Beine schön aussehen mein Bauch mein Gesicht alles an mir. Weil alles an Menschen schön aussieht. Aber wenn du mir sagen willst dass meine Frisur schön aussieht, dass meine Haare jetzt in der Form wie ich es gestylt habe schön aussehen, dann sag mir dies, eventuell mag ich das gerade hören aber wahrscheinlich nicht. Wenn du denkst, dass der Moment gerade passt um mir ein wirkliches Kompliment zu machen – probiere es,

aber fasse sie nicht an.

https://flic.kr/p/cLENBq
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U Bahn und Beton

Stell dir vor ein*e Künstler*in hätte in stundenlanger Kleinstarbeit eine äußerst filigrane Figur gebastelt. Sie zerbricht fast. Nun stell dir vor, die Leute loben nicht die Optik dieser Figur, das Aussehen dieser Figur, sondern lediglich dem Werkstoff. „Oh das ist aber schönes Beton“. Natürlich ist Beton ein ganz hervorragender Werkstoff, und doch ist er nicht seltenes oder besonderes – nichts dass wir extra markieren müssen, nicht dass wir extra erwähnen müssen aufgrund seiner Außergewöhnlichkeit.

Sicherlich können wir in manchen Situation die Figurform und das Geschick diese zu fertigen loben aber falls du nicht gene mt wütenden Künstlern umgeben bist:  fasse sie nicht an, der Künstler die Künstlerin* würde völlig zurecht in Wut ausbrechen und dich fragen, was die einfällt so etwas Wertvolles einfach durch deinen Wunsch des Anfassens zu gefährden. (Gut, Betonfiguren halten sowas sicher aus-but you got the point 😉 )

Aber auch hierbei: stell dir vor der*die Künstler*in dieser Figur würde Musik hörend, die Figur in einem Transportgefäß transportieren neben dir in der S-Bahn sitzen.

Du wirst vielleicht zu deinem Sitznachbar/Sitznachbarin murmelnd sagen dass dir die Figur gefällt, aber würdest du der*dem Künstle*in auf die Schulter tippen, mehrfach auffordern die Kopfhörer aus dem Ohr  zu nehmen nur um mitzuteilen dass dir Beton wirklich gut gefällt?
Oder dass dir besonders gut gefällt was er mit dem Beton gemacht hat?

Ich glaube nicht.

Die meisten von uns, würden natürlich die Figur genießen, sich daran erfreuen wie viel Zeit und Mühe der*die Künstler*in in die Figur gesteckt hat.

Aber würden wir davon ausgehen, dass unsere Meinung SO relevant ist das wie es auf jeden Fall mitteilen müssen? Und zwar jedes Mal wenn wir 1 Künstler*in in Berlin in einer S-Bahn sehen? So sehr dass wir dessen Ruhe, die er*sie gerade beim Musikhören erlebt, unterbrechen nur um unsere Meinung mitzuteilen?

Für dich als weiße Personen oder als PoC  mag es etwas Unerwartetes sein (das glaube ich zwar nicht, aber egal), etwas mit dem du dich nicht beschäftigt hast, aber: wir tragen unser Haar jeden Tag, wir wissen mittlerweile dass es schön ist.

ich kann die filigrane Betonfigur nicht daheim stehen lassen um meine Ruhe zu haben.

https://flic.kr/p/7eZqNy
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Fraser und die Friese
Aber wir wissen auch, dass unser Haar in dieser Gesellschaft nur HAAR ist, niemals mehr.

Dahinter steckt meiner Meinung sehr viel mehr. Es ist nicht eine Frage der Komplimente, es ist vor allem eine Frage dessen, wer Kultur ist und wer Kultur macht. Die weiße Philosophin und Politolgin Fraser schrieb „we have culture, they are culture“ und ich denke dies spiegelt sich auch hier wieder.

Während weiße Person und PoC Frisuren tragen, good-hair days und bad-hair days haben, haben wir einfach immer eine Art von Haar. Frisuren werden also nicht wahrgenommen.
Denn dies würde ja bedeuten, dass etwas das „Schwarze Kultur“ ist eine kreative Leistung unsererseits forderte, wir also nicht einfach so geboren wurden sondern etwas Kulturelles erschaffen haben.
Und dies können sich viele Menschen schlichtweg nicht vorstellen.

Die Frage nach der Echtheit – und warum dich das echt nichts angeht

Die nächste Frage die folgt, nach 1. „schönes Haar“ und 2. „darf ich immer anfassen“ ist immer: „ist das Haar echt?“

Was soll ich darauf antworten?

Ich weiß was mensch mit dieser Frage erreichen will, mensch möchte herausfinden ob Afrolocken wirklich so schön aussehen können ohne das Plastik oder sehr harte Chemie eingegriffen haben.
Ich antworte mit: ja das sind mein Naturlocken.

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Keine*R hat immer Zeit zu erklären, dass Naturlocken genauso divers in ihrer Ausprägung sind wie glatte Haare. das also die Feststellung das meine Haare echt sind, nicht bedeutet das sie das jede*n fragen darf und jede Struktur die anders ist wie meine Zweifel gezogen werden darf ob ihrer Echtheit.
Aber wie gesagt – keine*r hat dafür immer Zeit und ich bin auch nicht der 24h Erklärbär.
Also antworte ich mit Ja.
Wohlwissend, dass diese Person nun bei den nächsten Locken die Frage erneut stellen kann, den diese werden unter Garantie nicht wie meine aussehen. Also fragt sie wieder denn,

schlieslich hat sie ja solche Haare noch nie gesehen.

3 Antworten zu „Plüschsofa und Beton“

  1. […] ← Plüschsofa und Beton #IsJaIrre → […]

  2. […] Moment an dich ab – ich fragte was los ist. “deine Haare sehen voll schön aus!”. Nicht meine Frisur, nicht wie sie gestylt sind, nicht wie sie heute aussehen, sondern meine Haare. Einfach ihre bloße Existenz, scheint so etwas Außergewöhnliches für dich darzustellen, scheint […]

  3. […] Why It Isn’t “Just Hair” Hair for So Many Black Women. Kulturelle Aneignung und Alltagsrassismus im Fasching: warum ich meinen Kindern keine Indianerkostüme nähe. Story Time: Dreadlocks and Cultural Appropriation Maafa Refugee Tribunal against Germany Schwarze Widerstandssymbole auf weißen Köpfen Die Politik Schwarzer Haare Schwarzrund: Plüschsofa und Beton […]

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