Gerade frisch vom Bundestreffen der ISD zurück, ist mein Akku gut geladen bei 95% . Ich binde mir nicht ständig Bänder um den Kopf nur damit ich dem weissen Blick entgehe.
Es war ein schöner Abend …
Der Kopf dröhnt: mir geht es gut.
der Abend war auch gut wegen dir, denn die Menge drückte sich aus dem Raum in dem die andere Menge mich drückte. Die Stimmung war geladen, ein queeres Klischee in Perfektion. Wir sahen einander auf Distanz, die Menge drückte uns langsam aneinander. ohne ein Wort küssten wir uns, ohne ein Wort ohne einen Namen drückte die Meschenmasse sich zwischen uns, neben uns und uns auseinander.
Obwohl wir kein Wort wechselten, obwohl ich nicht weiß wie du dich positionierst, auch wenn du nicht weißt wie ich mich positioniere, habe ich gemerkt, dass du an diesem Abend gut für mich warst, und ich gut für dich war.
Der Abend war auch gut wegen dir, die mich vorsichtig antippte und sagte „sorry i hope its okay for you i have to tell you: you look faboulus“ und mein Danke annahm und nichts von mir erwartete, die das leise „Danke aber Nein ich bin nicht an dir interessiert“ ohne Agression hin nahm.
….. aber leider auch…
Der Abend war auch gut trotz dir. Trotz dessen, dass ich Musik hörend in der S-Bahn saß, und du auf mich einredetest.
irgendwann gab ich auf und gab den Moment an dich ab – ich fragte was los ist. „deine Haare sehen voll schön aus!“. Nicht meine Frisur, nicht wie sie gestylt sind, nicht wie sie heute aussehen, sondern meine Haare. Einfach ihre bloße Existenz, scheint so etwas Außergewöhnliches für dich darzustellen, scheint so erwähnenswert zu sein, dass du es mir sagen musstest. Ich verstehe das tatsächlich nicht.
Ich verspüre selten den Drang, sagen wir nie, zu einem anderen Menschen hinzugehen und zu sagen: mir gefällt es das du Arme hast…. Mir gefällt es das du Haare hast….. Während ich noch darüber seniere ob ich ihre Arme lobend erwähnen soll ist sie schon beim nächsten Schritt:
Kann. Ich. Die. Mal. Anfassen!
„Nein“ alles andere an Erklärung was nicht zu einer Geschichtsstunde wird, ist doch nur Rechtfertigung.
Ich verließ die S-Bahn, nach einer absurden Diskussion lies ich Shirlette Ammons wieder als einzige Äußerung an mich ran. Verdrängen, vergessen und vorallem sich nicht den Abend versauen lassen.
Erster Energieverlust – Akkustand bei 80 %
Wie du sie los wirst in 10 Sekunden
Ich traf mich mit 2 Schwestern die ich auf dem Bundestreffen kennen gelernt hatte, wir verbrachten einen guten Abend und einen besseren Abend später im Schwuz, wir tranken, tanzten und es wurde immer ausgelassener. Ein Freund zeigte euphorisch auf eine Sitztreppe im Raum, die er erklimmen wollte um ganz über der Menge zu tanzen. gesagt, getan und viele schlossen sich euphorisch an, ich tanzte mit dir eng an eng und es knisterte. Du fragtest nach meinem Namen, ich nach deinem, du kamst aus den Niederlanden, ich aus Berlin. Du warst mit einer Freundin da, ich mit vielen und dann du:
Can I for one second touch your hair?
in meinem Kopf ging die Musik aus und der DJ stoppte die Vinylscheibe – ein unschöner Scratch füllte den Raum. Totenstille. Die Menge wendete sich zu dir:
In der Realität passierte nichts. Ich wendete mich augenblicklich von dir ab, duldete kein Wort deinerseits und du brachst in Tränen aus mit tausenden sorrys. Ich nutzte das erste mal eine sehr klare Methode ein Gespräch zu beenden: ich hielt meine Hand zwischen uns, so das du mich nichtmehr ansprechen konntest. Als letztes Wort auf den Lippen „Its impossible to make it right these days as a white person“
Meine Freunde fragten ob diese Person des Clubs verwiesen werden sollte. Ich wollte nur tanzen, trinken und mich mit anderem beschäftigen. Der Abend wurde wieder schön, laut und quietschig schrill.
Akkustand bei 50% doch ich zeigte es nicht.
Neuer Tag, gleiche Situationen
Als die Sonne bereits am Himmel stand verliesen wir den Club, NK erwachte unter den zögerlichen Sonnenstrahlen.
Ein Freund bracht mich noch zur Stategie-Konferenz der Refugeebewegung. Ein paar Kaffee später begrüßte ich Bekannte und Freunde, auch eine queere citizen-PoC die seit langem mitarbeitet in der Geflüchtetenbewegung in verschiedenen Aktionsformen. Sie umarmte mich und griff in Richtung meiner Haare, ich zog den Kopf weg – doch sie griff nach, ich sagte das sie meine Haare nicht anfassen solle, endlich senkte der Arm sich.
Mein Akku war leer. Ich murmelte etwas von kolonialer Praxis, sie murmelte etwas wie „Entschuldigung“ und „ich muss jetzt den Becherpfand zahlen gehen“ (immer die richtigen Worte im richtigen Moment auf den Lippen) und war weg.
ich machte meinen geplanten Redebeitrag, wanderte durch den Raum, versuchte zuzuhören was die anderen zu berichten hatten und gab schließlich auf.
Meine Grenzen waren an diesem Tag zu oft verletzt worden.
Mir wurde an diesen Tag zu oft klargemacht, dass ich“ etwas“ bin. Etwas, das Mensch anfassen darf.
Das Mensch anfassen will.
Dessen Textur, dessen Farbe, dessen ganzes Sein sich von allem was normal ist so sehr unterscheidet, dass erwachsene Menschen den Impuls nicht widerstehen können es anzufassen.
Diesen Effekt, dass etwas, das wir nicht anzufassen haben, weil es Teil eines anderen Körpers ist, angefasst werden MUSS, kann ich nicht verstehen.
Ich liebe meine Haare.
Mittlerweile kann ich das wirklich sagen. Und ich liebe es über meine Haare zu reden. Mit Schwestern Geschwistern* Brüdern, die auch Locken tragen, bei denen der Austausch dazu führt, dass ich auch etwas lerne. Ich liebe meine Haare aber ich würde mich gerne mit Menschen auch über andere Dinge unterhalten können.
Wenn dein kolonialer Blick es nicht zulässt dass du meinen Haaren mehr als ein Ausdruck von anders sein siehst dann teile es mir nicht mit.
Ich will es nicht wissen.
Du musst meine Haare nicht kommentieren.
Niemand zwingt dich dazu.
Ich kommentiere auch nicht jedes mal dein Haar und wenn dann, nur weil ich dich sehr gut kenne und mir an dem Tag denn Frisur wirklich gut gefällt. Und danach: lass uns über Eiscreme reden.