Okay, okay. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen zu dieser Debatte nichts zu sagen, viele Geschwister haben in englischsprachigen Texten schon alles Wichtige dazu gesagt und ich dachte damit könnte ich die Sache umgehen.
Heute allerdings hat dann eine weiße Behindertenrechtsaktivistin etwas gepostet das mich dann doch dazu getrieben hat, mich dazu zu äußern.
„Die Debatte um Rachel Dolezal erinnert mich irgendwie an sogenannte „Wannabes“ – Menschen, die sich so sehr mit behinderten Menschen identifizieren, dass sie z.B. ein (meist heimliches) Doppelleben als Rollifahrer*innen führen. Ein auf eine Art bizarrer Wunsch, „nicht-priviligiert“ sein zu wollen. Ich denke aber das kann man auch durchaus mit trans* Identitäten vergleichen, und wenn die Leute – wie z.B. im Fall von Dolezal – auch noch coole Sachen erreichen, ist es doch eigentlich total egal ob sie „echt“ oder „unecht“ sind (- was immer das überhaupt für Kategorien sein sollen…). Ein komischer Nachgeschmack bleibt allerdings, weil sie in der Regel auch wieder als Nichtbetroffen „passen“, also aus dem Rolli aufstehen bzw. problemlos als nichtbehindert durchgehen können. “
Wo soll ich nur anfangen? Okay, vielleicht erstmal: was sind wannabes?
dazu 4hc.de „Wannabe´s, auf deutsch Möchtegern, sind Menschenähnlich wie Pretender, nur das sie es nicht nur vortäuschen, sondern gerne behindert sein möchten.“
Die Kategorie Behinderung ist Teil von verschiedenen Identitäten, sowohl von Menschen von Geburt an aber ebend zu einem sehr großen Teil auch von Menschen die erst im Laufe ihres Lebens Teil dieser Kategorie werden. Heißt: jemensch der erst priviligiert war im System der dis_ability kann mit der Zeit nichtmehr priviligiert sein.
Was bedeutet trans* Identitäten in diesem Fall?
Ich kann es nur vermuten das es einen Bezug zu transgender Identitäten geht, auch hier gilt wieder: es gibt Menschen die ihr Leben lang eine Transpositionierung haben und Menschen die sich darüber erst im Laufe des Lebens klar werden. Hier ist es dann aber kein ganz so klarer switch von priviligiert zu nicht-priviligiert, dies wird aber wieder Thema bei Fragen des Passing bzw Missgenderung.
Nachtrag: da ich als Cis Person zum Thema Trans hier nicht Seitenweise shreiben wollte (weil nä, priviligierter Blick und so)
ergänze ich hier nun um ein Video einer Schwester die transgender ist. Sie bringt das ganze sehr schick auf den Punkt.
https://youtu.be/gZEsCWWskbY
was will transracial sagen?
dazu erstmal zu den Kategorien Schwarz und weiß. Politische Bezeichnungen die das Macht- und Privilegiengefälle bezeichnen zwischen rassifizierten und nicht rassifizieren Menschen. Die Machtebene bezieht sich hierbei nicht ausschlieslich auf den einzelnen Menschen sondern auch auf Privilegien bzw. Benachteidigungen die über Generationen übertragen werden. Klingt kompliziert, dieser Film macht es recht deutlich warum die intergenerationale Ebene bei dieser Kategorie eine so tragende Rolle spielt:
Ein sinnvoller Vergleich von einer weißen Person bzgl. der eigenen Kategorie mit einer anderen Kategorie im Bezug auf Schwarz sein und Blackfacing ist also genau folgendermaßen möglich:
Garnicht.
Du kannst deine Race nicht ändern. Du kannst dein Privileg nicht abstreifen, denn es beruht auf Jahrhunderten von Bereicherungen auf Kosten anderer, kleine Momente im Alltag die dir als weiße Person kaum bewusst sind in denen du auf Kosten abnderer gestärkt wirst und nich zu letzt das tiefverwurzelte Wissen das du ein Mensch bist, also dehuminzing nicht Teil deiner eigenen und auch generationalen Erfahrung ist.
Schwarz sein hat nicht ohne Grund in de Unterdrückungsforschung einen eigenen Platz der sehr einzelnd verhandelt wird, denn Vergleiche wie dieser sind nicht nur historisch verblendet und desswegen absurd schmerzhaft sondern auch nicht zielführend.
Denn: ein Schwarzer Mensch kann auch durch ableismus und cissexismus betroffen sein, eine weiße Person die ableismus und cissexismus erfährt hat aber immer, ein Leben lang das Privileg- auch hier wieder auch das vererbte Privileg- weiß zu sein.
es geht nicht darum was von wem erreicht wurde, sie hat durch blackfacing eine Schwarze Position besetzt und ihre Privilegien bestritten. Sie hat als weiße Person das einzige geklaut das Schwarzen Menschen noch gehört, nachdem ihre Länder, Körper, Köpfe, Kulturen und Körper ausgebeutet, zerstört und kolonialisiert wurden – das Recht sich als Schwarz zu positionieren. Das Recht zu Benennen was in jeder Sekunde das Leben bestimmt. Das Recht aus der Positionerung Kraft zu schöpfen und sich in manchen Räumen sicher zu fühlen.
Es ist Blackfacing, Geschichtsvergessenheit, koloniale Aneignung und das Zerstören von Safer Spaces.
Es ist nicht spannend und irgendwie interessant, es ist verstörend und bedrohlich.
Es bedeutet für white passing Personen in der Schwarzen Community noch mehr Unsicherheiten, Es bedeutet das light-skin Personen durch die rassistische Norm der weißen Gesellschaft innerhalb der Communitys noch weiter von den dark-skin Geschwistern getrennt werden sollen weil dies nunmal genau das ist was weiße Menschen schon immer versucht haben Schwarzen Communitys anzutun. Es bedeutet das der Verdienst der in den Jahren ihres Blackfacings passiert ist nun einer weißen Frau angerechet wird statt den Communitys die dies ermöglichen und immer ermöglichten in der Schwarzen Wiederstandsgeschichte.
Sie hat das Leben für Schwarze Menschen schwerer genmacht, die hat Unruhe in Schwarze Bewegungen gebracht und wird für die nächsten Jahre viele Ressourcen verschwenden um diese Bande wieder herzustellen. Ressourcen die anderswo gebraucht werden würden.
Es bedeutet auch, dass weiße Aktivist*innen gerade schweigen sollten statt das Thema für sich und ihre Kämpfe zu vereinnahmen, da der Hashtag ja irgendwie gerade voll bekannt ist und das Thema irgendwie ja auch so ein bisschen exotisch ist. Lasst unsere Community von dieser weißen Einflussnahme heilen, beschäftigt euch mit euren eigenen Themen statt unsere zu tokenisen um euren Themen Aufwind zu geben.
das klingt alles Krass für euch? Tja, ihr seit weiß, da ist die Folge solchen Handelns schwer zu verstehen, daran ändert nunmal eben auch eine Korkenzieher-Dauerwelle und eine gefakte Schwarze Geschichte nichts.
6 Antworten zu „Wanabes, Transgender und Transracial – drei gänzlich unterschiedliche Dinge“
Hat dies auf fesselndeskapitals rebloggt und kommentierte:
Danke SchwarzRund das du dazu was geschrieben hast tut mir leid das es notwendig wurde
[…] was hat dich zu diesem scheiss Vergleich veranlasst?
Hallo SchwarzRund,
Erstmal: Ich bin sehr überascht, dass ein Facebook-Post von mir zum Aufhänger eines ganzen öffentlichen Blogartikels wird. Ich hab den Post gestern kurz vorm Schlafengehen sehr unsortiert und spontan geschrieben, auch im Bewusstsein, dass das nicht alles total durchdacht ist und dass ich da bestimmt Sachen unzulässigerweise vermische, weil ich dachte, meine FB „Freund*innen“ kennen mich gut genug, um das einzuordnen. Dass das jetzt Gegenstand einer Debatte und als quasi „öffentliches Statement“ einer „Aktivistin“ gesehen wird hätte ich nicht für möglich gehalten und zeigt mir, dass ich schon auf Facebook offenbar sehr genau überlegen muss, welche Gedanken ich äußere.
Es waren nämlich wirklich erstmal nur lose Gedanken, Fragen, ob andere das auch so sehen oder ob ich auf dem Holzweg bin – vielleicht hätte ich das erstmal auch so offen formulieren sollen. Insofern trotz all der Irritation vielen Dank für die Klarstellungen und Hinweise auf diesem Blog! Ich hatte einfach die spontane Assoziation zum Thema Nicht/Behinderung und den Aneignungen, die da passieren – das hatte ich vorher auch in der Debatte (mit der ich mich auch nur am Rande beschäftigt habe) auch noch nicht woanders gelesen.
Ich finde auch, dass das, was Dolezal gemacht hat, eine krasse Form von Aneignung ist. Und die passiert auch immer wieder beim Thema Behinderung. Von Leuten, die völlig problemlos als nichtbehindert „passen“ und ständig von ihren Knieproblemen erzählen, um dadurch deutlich zu machen, dass sie auch ein integraler Teil der „community“ sind (meistens sind das Nichtbehinderte aus dem Behindertenhilfe-Business, die gerne noch mehr dazu gehören möchten) geht das eben bis hin zu Leuten, die als Rollifahrer*innen auftreten und verstecken, dass sie eigentlich laufen können (zugegebenermaßen selten, und tatsächlich ist das ja auch genau die Frage – sind diese „Extremfälle“ noch „Priviligierte“, die sich etwas aneignen? Oder sind das Menschen, die eben auch am Diktat der Norm verzweifeln und die eben diesen Weg für sich gefunden haben? Wer bin ich das zu beurteilen…gleichzeitig hab ich mit dieser Lebensweise schon ein totales Unbehagen).
Gleichzeitig ist ja die Kategorie Behinderung ja auch total fließend – wer kann sagen, wo das anfängt und wo es aufhört. Zumindest beim Thema Beeinträchtigung ist das schwierig – beim Thema Behinderung – also wer GILT gesellschaftlich als behindert und wer nicht – natürlich nicht mehr ganz so. Dennoch – ich fände es schwierig, z.B. nichtbehinderten Leuten zu „verbieten“, in Behindertenbewegungszusammenhängen mitzumischen – das passiert ja auch ständig, z.B. bei der Pride Parade. Die machen super Sachen, und ich denke dass eine Identität, die man hat (nichtbehindert/behindert…) nicht das Denken determiniert. Ich glaube das ist das Problematische dieser Debatten: zu glauben, dass Betroffenheit von etwas ein bestimmtes Denken „garantiert“ und Nichtbetroffenheit es „verhindert“ bzw. „Nichtbetroffene“ etwas per se nicht denken können. So kommt die Debatte jedenfalls manchmal bei mir an.
Wichtig ist für mich vielmehr eine Reflektion über die eigenen Betroffenheiten und ein guter Umgang damit – z.B. nicht ständig als priviligierte Person öffentlich als Stellverteter*in aufzutreten und FÜR die Betroffenen zu sprechen. Sich generell der Begrenztheit der eigenen Perspektive bewusst zu sein. Wenn Nichtbehinderte so auftreten hab ich (meistens…;)) kein Problem damit, wenn sie in Behindertenbewegungszusammenhängen mitmischen. Dass sich das für POC sich total anders gestalten kann und die Gefühle dazu nochmal ganz andere sind ist klar – dazu kann ich – wie Du ja oben auch richtig bemerkst – aus meiner Perspektive nix sagen… .
Soviel erstmal dazu – falls sich hier eine längere Debatte entspinnen sollte schonmal sorry vorab, falls Ihr nichts mehr oder nicht mehr viel von mir hört – bin in Kürze auf Reisen und offline.. .
Generell gerne aber weiter debattieren – auf Dauer allerdings vielleicht lieber live als per Web, das scheint mir oft nicht so gut zu klappen.
Viele Grüße
Rebecca
PS Habe den FB-Post jetzt gelöscht, damit er nicht weiter für Verwirrungen und Irritationen sorgt.
Hallo SchwarzRund,
Erstmal: Ich bin sehr überascht, dass ein Facebook-Post von mir zum Aufhänger eines ganzen öffentlichen Blogartikels wird. Ich hab den Post gestern kurz vorm Schlafengehen sehr unsortiert und spontan geschrieben, auch im Bewusstsein, dass das nicht alles total durchdacht ist und dass ich da bestimmt Sachen unzulässigerweise vermische, weil ich dachte, meine FB “Freund*innen” kennen mich gut genug, um das einzuordnen. Dass das jetzt Gegenstand einer Debatte und als quasi “öffentliches Statement” einer “Aktivistin” gesehen wird hätte ich nicht für möglich gehalten und zeigt mir, dass ich schon auf Facebook offenbar sehr genau überlegen muss, welche Gedanken ich äußere.
[…] das hätte dir Als längjährige Aktivistin klar sein müssen weil es richtig ist das du wenn du so was schreibst als Aktivistin gesehen wirst und als Aktivistin die Übergriffigkeiten von nichtehinderten
Personen in Behindertenzusammenhängen anprangert hätte dir dieser Fopa nicht passieren dürfen.
Das macht mich aber noch lange nicht zur öffentlichen Person und gibt anderen noch lange nicht das Recht, einen privaten FB-Post ohne Absprache zu veröffentlichen. Du und SchwarzRund erscheint hier lässig mit Pseudonym, während ich mit Vor- und Zunamen geoutet werde – na schönen Dank auch. Ich frage mich, was diese Politik des öffentlichen und verletztenden Abwatschens von Einzelnen bezwecken soll, ohne vorher mal nachzufragen, wie es gemeint war – sie ist für mich das Gegenteil von gemeinsamen Widerstand gegen die Gesamtscheiße, sämtliche -ismen eingeschlossen. Wenn das so weitergeht wie hier und aktuell in der Linken, dann werden unter anderem die – wie Du es nennst – Fesseln des Kapitals – noch sehr lange Oberwasser haben.
Noch mal kurz zum Post, weil das ja auch bei Dir, SchwarzRund (ich bleibe trotzdem dabei, fairerweise nicht Deinen Namen zu nennen) auf Deinem FB Account Thema war. Ich meine mit „bizarrem Wunsch“ mitnichten trans*Erfahrungen oder den Wunsch, sich außerhalb der Geschlechterdichotome zu stellen. Mein Gedankengang ging so: Wieso gibt es Leute, die sich freiwillig depriviligieren? Damit meinte ich Leute wie Dolezal und Leute, die gerne behindert sein wollen. Letzteres (und nur das) finde ich ziemlich bizarr. Mir schien es, dass es AUCH aus einem ähnlichem Gefühl wie „im falschen Körper zu stecken“ heraus kommen könnte. Aber das das nicht so ist hat SchwarzRund ja hier klar gestellt, got it. Im zweiten Teil ging’s darum, ob es ok ist wenn Nichtbetroffene für Betroffene sprechen, was beim Thema Behinderung allgegenwärtig ist. Dagegen habe ich grundsätzlich nichts – allerdings mit den vielen Einschränkungen, die ich ja im Kommentar oben schon beschrieben habe. Meine Kritik daran habe ich mit „komischer Nachgeschmack“ umschrieben – möglicherweise zu lau formuliert, aber ich wollte auch nicht alle nichtbehinderten Leute, mit denen ich auf FB befreundet sind und die gut und sinnvoll zu zu Behinderung arbeiten, vor den Kopf stoßen. Abgesehen davon halte ich zwei Sachen für falsch: Zum einen, dass nur „Betroffene“ etwas über ihre „Betroffenheit“ sagen dürfen und „Nichtbetroffene“ ergo immer zu schweigen haben. Es geht um Reflektion von eigenen -ismen im Kopf, um gutes Miteiander-Umgehen, darum, Aneignungen zu vermeiden– aber nicht darum, Auseinandersetzungen von vornherein zu unterbinden. Das Zweite: Ich halte nichts vom Gegeneinander-Aufrechnen von Diskriminierungserfahrungen a la „wer wird seit wieviel Jahrhunderten am Beschissensten behandelt“. Ihr wisst beide wahrscheinlich genug darüber, wie behinderte Menschen in der Vergangenheit behandelt wurden und dass ein Großteil von ihnen dann auch umgebracht wurde, wenn es die nichtbehinderte Mehrheit für sinnvoll erachtete. Lasst uns doch lieber zusammen und nicht gegeneinander überlegen, wie wir diese scheiß Gesellschaft verändern. Das allerdings lieber offline!
Und wie ist es mit Albinos? Ich finde leider das Interview mit Krondon nicht, da hat er darüber geredet, vorallem in seiner Kindheit, schwarz zu sein vom Gefühl aber nicht schwarz zu sein dürfen wegen der Hautfarbe.
Das ist teil von vielen Schwarzen Biographien. schwarz sein ist sehr divers, aber ebend nicht aussuchbar. Menschen mit albinismus sind von struktureller und rassistischer und gernerationaler Unterdrückung betroffen, auch light skin white passing Personen sind Schwarz. Nur weiße sind halt nicht Schwarz. Das ist nicht wa ssich mal ebend so nebenbei erklären lässt, ein langjähiger findungsprozess als Schwarze Person erklärt es, weißen leuten es zu erklären ist m.m.n. fast nicht möglich.