Heten-Flecke und echte Queerness

Vorher:
Trotz zehnfachen Durchlesens ist der Text mit Sicherheit verletzend. Wenn ihr die Energie/Lust habt mich darauf aufmerksam zu machen danke ich euch sehr für die Gelegenheit zu lernen und hoffe gut zu reagieren. Gerne könnt ihr mir auch über die FB Seite eine Nachricht schreiben, wenn es euch als Kommentar zu öffentlich ist.

https://flic.kr/p/8qb8nq
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Gestatten: ab heute sind sie ne hete!

Morgens, Kaffee, erstmal Blogs von tollen Menschen checken. So Wohlfühlorte, ihr wisst schon: Dinge lesen zum mit-dem-Kopf-dazu-nicken. Dinge lesen die mich nicht nerven. Wo mensch vorm PC sitzt und sagt JA und GENAU DAS.

Dafür liebe ich das Internet. Echt mal. Voll.

Was ich nicht liebe? Tja nicht viel, hahaha. Ich liebe ja eh jeden. schlieslich bin ich pan  – oder bi (für die die Zweigeschlechtlichkeit bombig finden und queerness unsexy-oder jene die einfach nen Begriff nutzen wollen der bekannter ist). Außerdem trinke ich natürlich keinen Kaffee sondern irgendein trendy-Heißgetränk das gerade erst erdacht wurde-den da ich nicht nur eine Form von Geschlechtskonzept begehre – liebe ich Trends und tue alles nur weil es Hip ist. Außerdem hänge ich nur mit Cis-Leuten rum und ziehe genarell cis-Männer allen anderen vor.
Das ist ein bisschen kompliziert manchmal, aber ich gebe mir Mühe. Bin ja schließlich Bi, und da ist das so.

denken einige,viele,manche.

Also wieder in die Realität:
Ich lese also Hengs neuen Text:Warum ich mir vorstellen könnte, mich auch mal als Bi-Ally zu positionieren. Schickimicki-etwas gegen Bi-Feindlichkeit!
Leider entarnt sich der Text als etwas das ich aus anderen Debatten kenne – „Tolleranzlektüre“.

Hengs Text will erklären warum heng sich „manchmal vorstellen kann Bi-ally zu sein“ und handelt dann doch nur davon, warum bi-Personen nur verkappte Homos/Heten sind die Begriffe klauen, Cis-Männer allem vorziehen und sich mal nicht so anstellen und gefälligst korrekt vögeln sollen und warum es voll ok ist das Menschen die nicht politisch vögeln doof zu finden und ihnen ihre Identität abzusprechen.

Von der Struktur her erinnert mich das übel an Texte gegen Rassismus die dann nur von Fremdenfeindlichkeit sprechen und warum rassistische Menschen ja eigentlich nix dafür können das sie so sind und ja EIGENTLICH was ganz anderes damit kritisieren, zwar sollte Mensch irgendwie tollerant sein aber vorallem auch tollerant sein gegenüber Menschen die andere Menschen blöde finden wegen dem was sie sind.

Aber erstmal: was ist denn meine Identität?
Ich bin eine Cis-Frau und habe deswegen gewisse Privilegien und gewisse Nachteile gesellschaftlich. Cis bedeutet, das das mir zugeschriebene Geschlecht bei Geburt meine gefühlte Identität im Bezug auf Geschlecht wiedergibt. (Korrigiert mich gerne, wenn dies sprachlich zu holperig ist!)

Und ich bin _____. Denn: Ich mag nicht nur Cis-Männer. Oder nur Cis-Frauen. Oder nur Transpersonen. Oder Interpersonen. Oder Oder. Und ja: schon immer.

Ich war nicht immer Trendy und Hip  (bin ich das etwa jetzt ? ) aber immer nicht definierbar in meinem Begehren mit den Begriffen hete oder homo. Es hatte nichts mit hipness zu tun, das ich mich in meine Klassenkameradin verliebte, oder das ich mich in Cis-Männer verliebte und mit Frauen knutschte. Wenn ich auf einer Party eine Frau küsse hat das nichts mit Party-Gay zu tun, genauso wenig wie ich derzeit einen Cis-Partner habe weil es bequemer ist.  Es hatte für mich nichts mit Rebellion zu tun, auf einer christlichen Privatschule die Tochter des Schulleiters zu daten, auch meine Zeit mit einer genderfluiden Person war nicht dazu da meine queerness zu stärken-ich kann den Begriff damals noch garnicht und war einfach verknallt über beide Ohren.

Wenn wir Menschen ihre Form von Begehren vorwerfen und sagen dass sie damit politisch blöd  handeln find ich das sehr, sehr gefährlich.

Denn es ist der Moment, in dem das Begehren von Menschen nicht mehr zählt sondern nurnoch ob es gesellschaftlich hilfreich ist. Und das ist von der Grundlogik her sehr nah dran an „sie könn ja nix dafür das sie schwul sind ABER xyz“.

Ich mag diese Argumente nicht.
Wenn ich mit meiner derzeitigen Beziehungsperson zusammen bin, mag es sein das damit  Heterosexualität gelebt wird. Ja-und?
Es gibt auf diesem Planeten-haltet euch fest -Sex zwischen Menschen der Hereteosexuell gelesen wird! Ja ! echt!
Die Frage ist doch eigentlich: sind wir uns dessen bewusst, bewegen wir uns desswegen anders in queeren Räumen wie wenn unser*e derzeitige Beziehungsperson nicht gegengeschlechtlich gelesen werden würde und setzen wir uns knutschend in die Mitte der Tanzfläche und erzählen fremden Menschen ungefragt wie schön es doch ist hetero gelesen zu werden.

Und jetzt kommts: ich finde Menschen dürfen hetero sein oder gerade in einer gegengeschlichtlichen Beziehung leben. Ich finde auch Menschen dürfen weiß sein, oder dünn.

Ob sie damit Privilegien haben?
Oh ja!
Ob sie damit Räume nutzen können die andere so nicht nutzen können? Klar, das ist ja der Mist, dass nicht alle Räume gleich schön Nutzen können, desswegen braucht es klarere Raumdefinitionen oder mehr Kommunikation über Nutzung von Räumen.

Das Problem ist aber nicht das es Heten gibt sondern das die Gesellschaft eine konstruierte Norm nutzt um Menschen die von dieser Norm geandert werden abzuwerten.

In Schwarzen Kontexten gibt es Menschen die white passing sind, es gibt Trans-Personen die passen. Natürlich geht das auch einher mit Privilegien gegenüber Personen die nicht passen. Aber: sie sind trotzdem Teil der Gruppe.

Ich gifte keine white-passing Person an weil sie zum Bundestreffen kommt, ich schmeisse keiner passing-trans Person an den Kopf das sie sich nicht als queer definieren darf und genau so fände ich es schick das nicht Leute analysieren wie oft ich mit wem was gelebt habe um festzulegen wie ich meine Sexualität nennen darf.

Wenn eine Person sich als lesbisch definiert, genauer gesagt aber immer mit Menschen schläft die testo nehmen und derzeit in Transision sind, ist das so. Ich bin nicht diese Person. Ich kann nicht endscheiden was ihr begehren ist – die Person übrigens auch nicht, das ist ja die Sache mit dem Begehren. Diese Person ist dann auch nicht per se Transfeindlich weil ihr begehren so spezifiiert ist. Es ist erstmal das Begehren. Es wird Gründe geben warum die Person sich so definiert.

Warum Heng vielleicht doch kein Ally sein will

Ich werde den Text zum großen Teil besprechen, da er oben verlinkt ist könnt ihr gerne den gesamten (Kon)Text lesen.

Manchmal richtet sich Bifeindlichkeit auch an Cisfrauen, die sich bisexuell verorten und mit dem Knutschfleck des Boyfriends auf dem Hals queere Räume betreten, weil sie sich “auch vorstellen könnten, mal was mit Frauen* zu haben”, dort aber am Ende nur von ihrer Hetenbeziehung reden.

… und es nicht tun, so richtig. geht ja wohl mal garnicht, das Menschen Knutschflecken von Cis-Männern haben. Woran genau erkenne ich einen Cis-Heteropseudobipanqueer Knutschfleck eigentlich?

Und das sie es sich nur vorstellen können, schrecklich. Alle sollten immer so weit wie mensch selber sein in ihrer sexuellen Laufbahn.

Du darfst einen queeren Club nur  betreten wenn..

… du dein Begehren auslebst-wer keinen Sex hat ist auch nicht queer. Klar oder?

… du keine Knutschflecken hast die hetero gelesen werden können (der optische Unterschied ist ja zum Glück leicht erkennbar. hetero. homo.)

… du dir es nicht rausnimmst mit Freund*innen über deine Beziehung zu sprechen-es könne wer mithören der*die das nicht hören will das die Person mit der du zusammen bist gegengeschlichtlich zu deinem Geschlecht definiert wird (hierbei reicht schon ein gegensätzliches Pronomen zu dem Pronomen, dass der*die ungefragt mithörende Person dir zuordnen würde-also ganz leicht verständlich was das Problem ist, oder?).

…  du bist nur dann lesbisch/schwul oder bi wenn: du gerade eine Person die nicht gegengeschlechtlich zu deinem Geschlecht lieber magst als eine Person die nicht gegenschlechtlich zu deinem Geschlecht gelesen wird und du  nicht asexuell bist (denn nur Sex macht dich so richtig schwul/lesbisch-nur verliebt sein gilt nicht)

Mich macht es auch wütend das in Hengs Text eine klare Hirachie reproduziert wird in der Relevanz von Zwischenmenschlichkeit und deren -hm- Aussage über die eigene sexuelle Identität.

1. Superrelevant: Die Beziehung
2. weniger relevant: der sexuelle Kontakt neben der Beziehung
3. nicht so relevant: das nichtsexuell gelebte Begehren
4. völlig egal: die eigene Sexuelle Geschichte / Geschichte des Begehrens
5. eh gänzlich wurst: die eigene Gefühlte sexuelle Identität

Janz.schön.traditionell.geprägt.

1. Ehe.
2. Mätresse*r
3. sollte durch 1. geregelt werden – also entwerder kanalisiert gelebt oder unterdrückt
4. sollte es nicht geben also auch irrelevant
5. Wird fremddefiniert

weiter gehts:

Wenn Sätze mit “Ich würde ja am liebsten gar keine RZB mehr mit Typen führen, aber…” anfangen, lösen in mir direktes Herzrasen aus. Aber was? Aber es ist nun mal bequemer, heterosexuelle Beziehungen zu führen? Sicherlich ist es das. Gleichzeitig ist es auch eine Entscheidung, die getroffen wird.

Klar, mit wem wir eine Beziehung führen ist nur eine Endscheidung unsererseits. Das ist total beeinflussbar. Und mit wem wir zusammen sind sollte auf jedenfall die richtige Endscheidung sein, geht ja mal garnicht das wir einfach lieben wen wir wollen und begehren wen wir wollen UND DAS AUCH NOCH AUSLEBEN. bäh. Nochmal: vom Gegener*in lernen heißt nicht siegen lernen!

Ich weiß nicht warum das gesagt wurde-ich finde sowas erstmal nicht wahnsinnig nett. Aber daraus abzuleiten das ja eigentlich alle nicht hetero/bi/pan sind und es nur der Gemütlichkeit wegen machen ist verletzend und absurd.

Auch wenn ein Mensch nur Sexualität mit Cis Männern leben würde und nur davon träumt mit Frauen*/Trans*/Inter* Personen Sexualität zu leben oder gar nur angezogen ist von ihnen ist es eine Person die sich nicht als hetero bezeichnen muss.

Und dann schreibt Heng es aber auch selbst:

Schwierig finde ich hier allerdings, dass “queer” sich auf Begehrensformen zu beziehen scheint.

Die Begründung fehlt dann irgendwie, der Absatz endet mit:

Aber das ist ein Diskurs für sich.

Nein, das ist der Diskurs. Warum bedeutet für dich Queer sein ausschlieslich Queeren-Sex zu haben oder am besten zweier Beziehungen die über Cis-Typen stehen? Hey, wenn das deine queerness ist-nice. Definiert euch so wie ihr wollt. Aber warum muss dann für alle genau das queer-sein bedeuten? mhm?

Mich persönlich nervt es sehr, wenn in queeren Räumen cisheterosexuell performt wird. Dafür gibt es viele Gründe. Zum Beispiel, weil ich dann auch welchen Raum auch immer betreten kann, wenn ich mir Hetenperformances anschauen möchte. (Aber auch das Problem: Wenn Trans*personen in Paaren involviert sind und diese als Hetenpaare gelesen werden – ob nun zugunsten oder entgegen der Verortung der Trans*personen_en… Aber es geht mir nicht um diese Ausnahmen, sondern um die Tatsache, dass es einfach sehr viele Cishetpaare gibt, die Raum einnehmen und mir ihre Hetenprivilegien auf die große Nase binden.) Denn egal ob eine Person hetero- oder bisexuell lebt: Wenn sie in einer cisheterosexuellen Beziehung lebt, sind einige Hetenprivilegien vorhanden. Ob eins sie will oder nicht. Was aus ihnen gemacht wird, ist die andere Sache.

Transfeindlich hoch zehn. trans also „nicht beachtenswerte Ausnahme um die es jetzt aber echtmal voll nicht geht“. Doch heng, auch darum geht es. Und um Butches und Fammes etc. pp.
ich vermute, dass du dich nach Räumen sehnst in denen nur Cis Frauen und passing Frauen* sich küssen und nur Cis Männer (ach ne, die sind ja genarell blöd wie du in den Kommentaren erklärst) und passing Männer* sich küssen. Alle anderen können sich bitte ausgeladen fühlen.

Dann: mach so eine Party! Hey echt, do it bin ich echt cool mit.

Schreib es auf den Flyer, macht das Facebook-event. Ich mein das nicht mal ironisch. Aberdann sei ehrlich, dann schreib nicht „queer“ rauf sonder „queer (wir meinen damit…)“.
Aber was du gerade machst ist den Begriff der queerness so eng zu fassen, dass er nur noch Schwul und Lesbisch zulässt.
Das sind auch schöne, wichtige Konzepte und Worte für Lebensrealitäten. Aber eben nur ein Teil von Queer, nicht ausschließlich Queer.
Aber eine Sache stört mich an der Party die ich dir gerade vorschlage: das für dich darüber hinaus das Begehren auch außerhalb der Party nur in diesen Bahnen verlaufen darf.

Wie genau willst du das umsetzen bei der Türpolitik? Fragebogen? wie bei Army? Gilt dann dort auch „dont ask dont tell“?

Aber es wird ja noch klarer, dass du bestimmen möchtest wer jetzt wie Sexualität zu leben hat und das das alle eine Sache der Entscheidung ist:

Außerdem ist das Begehren eine Sache, die Praxis dessen eine andere. Vielleicht sagt eine bisexuelle Frau* ja: Ich finde Cismänner auch hot, aber ich lasse sich nicht an meinen Schlüppi. Das gleiche können auch heterosexuelle Frauen* sagen und einen Teil ihrer Hetenprivilegien ablegen.

Genau, denn wenn einfach keiner mehr „Hetensex“ hat ist alles schick.

Alle sollen einfach so wie du sein, bitte jetzt.

Sorry, wer an meinen Schlüppi darf entscheidet weder die Gesellschaft, noch der Papst und auch nicht du. Irgendwie bin ich da sehr komisch: ich finde das ist  meine Endscheidung, die vor allem bestimmt wird von meinem Begehren-und nicht von den politischen Konsequenzen.

Es ist auch eine lustige Logik die du da ungewollt aufstellst, ich glaube nicht dass das gewollt war: Heterosex (Heterosex ist anscheinend für dich alles was irgendwie gegengeschlechtlich ist… find ich auch schwierig, wird dann vielleicht ein weiterer Blogpost) haben wollen ist also das Privileg?

Ähm was? Ich dachte Privilegien sind nicht Begehrensformen sondern das was gesellschaftlich damit verbunden wird..?

Aber auch da hab ich wieder das Gefühl meinen Bibelunterrichtslehrer vor mir zu haben, der predigte: für das Schwule begehren kann mensch nichts, aber für die Praxis!

Ich finde ja immer wenn mensch aus einer progressiven Position herraus argumentaiv genauso arbeitet wie die Mehrheitsposition bzw. dominante Position ist dies ein Marker um nochmal über die eigene Position nachzudenken. Nicht das es immer falsch ist, aber meistens halt schon.

In den Kommentaren geht es genauso weiter, Heng will ja garnicht verletzen, und auch niemenschens Identität in frage stellen und desswegen darf Heng genau das dann auch machen. Nochmal: auch von weißen Positionen in Rassismus-Diskursen argumentieren lernen, heißt nicht siegen lernen.

Mir stellt sich nur aus radikal-queer_feministischer Sicht die Frage, warum es einigen (insb. weißen Cisfrauen) so wichtig ist, Cismänner in ihrem Leben zu haben.

Darauf antwortete schon jemensch wunderschön mit:

Die einfachste Antwort,, warum ich Cismänner in meinem Leben haben möchte, ist eigentlich: Warum nicht?!

Heng die Wahrheit ist: ich stehe unter anderem auf Cis-Männer.
Das ist der Punkt der dir nicht passt.
Manche Menschen stehen auf Cis-Männer.
Manche Menschen sind hetero_bi_pan Cis Männer.

Katha hat ein weiteres Argument gebracht was gegen deine Aufforderung der unterdrückten Bi_Pan Sexualität spricht: Wenn aus diesem Grund Menschen Asyl verwehrt wird-solltest du wirklich über deine Ideen nachdenken.
Asylverwehrungen und deren Logik ist echt nie ne gute Quelle für Argumentationsstrukturen.

Ein weiterer Punkt…

es gibt Menschen die ihre Transision  machen, wenn sie in einer Beziehung sind. Dies kann dann auch eine Schwule/Lesbisch gelesene Beziehung sein. Es kann sein, dass danach die Beziehung als hetero-passing gelesen wird. Deiner Logik nach müssten diese Personen dann folgendes tun:
Die Cis-Person müsste sich nun hetero nennen oder weiteren lesbisch/schwul, dann aber den*Die Partner*in verlassen um das auch echt zu sein.
Die andere Person müsste das ebenfalls tun sobald er*sie passing gelesen wird.

Hey aber liebes Pärchen, es ist doch für die gute Sache! Wenn schon, denn schon! Hopp Hopp!

Hey Heng, sorry,  echt nicht.

14 Antworten zu „Heten-Flecke und echte Queerness“

  1. Ich stimme zu. Ohne „sorry“.
    Einfach: Nee, echt nicht.

    Laufmoos stimme ich auch zu. So nebenbei.

    1. Das freut mich sehr Sichtwaise 🙂 magst du genauer sagen wo du Laufmood zustimmst?

  2. Ja ja und ja
    du dröselst so wunderbar mein eigenes Unbehagen beim Lesen von hengs Text auf. danke.

    1. Das freut mich danke !

  3. Möchtest du, dass ich darauf antworte? Wenn ja, kannst du ja weiterlesen, wenn nein, kannst du den Kommentar direkt löschen.
    Again: Mir geht es in meinem Text nicht um Identitäten. Mir geht es nicht darum, wer sich wie labelt oder wer sich warum wie labelt.
    Der Queer-Begriff-Diskurs, den ich nicht ausgeführt habe, hat allerdings einen anderen Twist als von dir skizziert: Queer heißt für mich nicht ausschließlich Begehren, sondern auch Lebensform. Queer sind für mich Menschen, die systematisch unterdrückt werden, wütend sind, an den Rand geschoben werden, stigmatisiert werden und dann sagen: “Well, okay, dann bin ich halt _______ [z.B. pervers], aber denkt nicht, dass ihr mich mit dieser Zuschreibung beleidigt.” Die Aneignung_die Zelebration dieser Zuschreibungen, die eigentlich ja gemeint sind als Sanktionierungen gegen alle, die sich der gesellschaftlichen Anpassung weigern, finde ich queer. Dazu können eben Schwarze und People of Color gehören, dicke_fette Menschen, LGBTTQIA, Menschen, die im Gefängnis waren_sind (nein, ich möchte damit nicht sagen, dass alle Leute, die wegen allem Möglichen wie auch rassistischer Körperverletzung, sexueller Gewalt, Pädophilie, und sonst was, im Gefängnis waren, queer sind), dis_ableisierte Menschen, Menschen, die nicht arbeiten (_möchten), und viele mehr zählen. Für mich sind das Menschen, die der patriarchal-rassistisch-kapitalistischen Gesellschaft(tm) ein Dorn im Auge sind und mit diesem Wissen bewusst piksen. Queer ist für mich kein Adjektiv oder Label, sondern eine Weise zu leben beziehungsweise eine politische Strategie.
    Natürlich ist das kein allgemeines Verständnis, gerade in Berlin meint “queer” oft alles, aber nicht die Inklusion vieler eben genannter Menschen. #RassismusInDerQueerenSzene #YouNameIt
    Selbst geschaffene Räume, die sich nur oberflächlich mit “queer” auseinandersetzen, bedienen sich diesen Begriffes und behandeln ihn, als wäre er ein trendy Attribut. (Zum Beispiel Bars, in denen -ismen zum Alltag gehören, die aber nichts gegen weiße, schwule Cismänner haben, die vereinzelt dort Cocktails schlürfen – SOLANGE SIE BLOSS NICHT ZU GAY SIND!!!111 “Schwule Männer haben wir auch mal hier gesehen, unsere Bar ist jetzt offiziell auch queer!” Weitergesponnen sitzen dort dann auch sehr normative Menschen, die aber an der Tür “queer” lesen und dann sagen: “Oh cool, wir gehören jetzt auch zu diesem queer, wir gehen auch gern mal mit Glitzer ins Schwuz.” Das hat nicht im geringsten etwas mit Bisexualität zu tun, deshalb sagte ich, dass es ein Diskurs für sich ist.)
    Gleichzeitig gibt es auch LGBTTIA-Menschen, die sich bewusst nicht als queer labeln, zum Beispiel weil sie sich an eine rassistische, kapitalistische, heteronormative Gesellschaft anpassen und Teil dieser sind. Reiche, weiße Gay-Couples, die sich einen Scheiß dafür interessieren, auf wessen Rücken ihr freshes Neukölln-Appartment mit Dachgarten getragen wird, zum Beispiel. (Zu dieser Debatte von LGBTTIA ≠ queer kann ich “That’s revolting!” von Mattilda Bernstein-Sycamore empfehlen, kann dir da auch ein PDF vom Buch raussuchen, falls es dich interessiert, sind tolle Essays.)
    Und noch mal: Label don’t matter for me.
    What matters: Verantwortungsvoll mit Privilegien umgehen. Das heißt in diesem Fall für mich: In “queeren” Räumen nicht viel Raum einnehmen mit Cisheteroperformances. Du sagst, du würdest es eh nicht machen.
    An diesem Punkt werden sich die Gemüter scheiden, meine Ansicht ist: Romantische Zweisamkeit, die überall von weißen, schlanken, ableisierten Cismenschen penetrant performt wird, stört mich. Sie stört mich nicht, weil ich es Menschen nicht gönne, Liebe zu empfinden, sondern weil diese Art von Performance Heteronormativität reproduziert. Ob die Leute in Polohemden, schwarzen Hoodies oder Jogginghosen performen, ist egal. Ich finde diese Art von Performance in den meisten Fällen (Ausnahmen gibt es immer) einfach unnötig. Genauso, wie ich es unnötig finde, wenn reiche Menschen vor armen Menschen mit ihren Ausgaben angeben. Sie tun es, weil sie es können. Viele Paare können das nicht. Und wenn Menschen bisexuell begehren, dann wissen sie ja vielleicht auch, dass sie nicht mit allen Partner_innen auf der Straße gleich behandelt werden. Und dann ist es mit der Awareness auch leichter. (In diesem Absatz sage ich nicht, dass alle bisexuellen Menschen immer cisheterosexuelle Performances darbieten.)
    Viele meiner im Artikel geschriebenen Beispiele sind stark polemisch, zum Beispiel die mit dem Knutschfleck. Ich verurteile keine Menschen mit Knutschflecken. Ich verurteile Menschen, die in nicht-cisheterosexuellen Räumen viel Raum einnehmen mit Erzählungen über ihre cisheterosexuelle Beziehung. Oder Menschen, die Menschen aufgrund ihres Genders exotisieren. (Ich sag ja auch nicht: “Oh, ich würde voll gern mal mit einer Transfrau schlafen, um zu gucken, wie es ist!!!11″)
    Ausgelebtes vs. gefühltes Begehren… Well, du kannst auch lesbisch und gleichzeitig asexuell sein. Oder nicht asexuell sein, aber noch nie sexuelle Beziehungen geführt haben. Macht dich nicht weniger “queer”.
    Es gibt tatsächlich ein paar Gründe, Cistypen aus dem Leben auszuschließen oder ihnen nicht viel Raum zu geben, Machtgefälle sind ein Grund, traumatisierende Erfahrungen mit Gewalt eine andere. Natürlich können Menschen Cistypen in ihr Leben lassen, wie sie wollen. Ich bin aber kein Ally von Menschen, die ihr (wirklich literally) Leben lang in einer cisheterosexuellen Beziehung leben, Punkt.
    Es ging mir nicht um Ausnahmen, weil ich mich mit bi-_pansexuellen Menschen, die separatistisch von Cisdudes leben, vollständig solidarisiere. Und die Kritik in meinem Text sich an sich nicht an sie richtet. Ich hab da nichts zu kritisieren. Deshalb spreche ich nicht von “diesen Ausnahmen”. Ich sehe ein, dass meine Formulierung da scheiße ist, und ich entschuldige mich dafür.
    In meinem Text geht es auch nicht darum, wer was “darf”. (Zum Beispiel an irgendwelche Schlüppis gehen.) Es geht um den problematischen Umgang mit cisheterosexuellen Beziehungen in der Queren Szene(tm). *Cisheterosexuelle* Beziehungen führen nun mal auch – und in der Queeren Szene(tm) vornehmlich – bisexuelle_pansexuelle Menschen.
    Ich wollte in meinem Text niemenschen beleidigen oder verletzen. Anscheinend habe ich das ungewollt gemacht. I’m sorry about that.

    1. „Dazu können eben Schwarze und People of Color gehören, dicke_fette Menschen, LGBTTQIA, Menschen, die im Gefängnis waren_sind (nein, ich möchte damit nicht sagen, dass alle Leute, die wegen allem Möglichen wie auch rassistischer Körperverletzung, sexueller Gewalt, Pädophilie, und sonst was, im Gefängnis waren, queer sind), dis_ableisierte Menschen, Menschen, die nicht arbeiten (_möchten), und viele mehr zählen. Für mich sind das Menschen, die der patriarchal-rassistisch-kapitalistischen Gesellschaft(tm) ein Dorn im Auge sind und mit diesem Wissen bewusst piksen.“
      Und an dieser Stelle trennen wir uns.
      Queer für mich bedeutet, die heteronormative, binäre Geschlechterordnung und -hierarchie (wie auch beziehungsformenhierarchie) ablehnend zu sein und dies im eigenen Weltbild internalisiert zu haben. Starke Verkürzung, but I think you’ll catch my drift.

      Nach deiner Definition könnten auch Straftäter_innen und religiöse Fanatiker_innen queer sein.

      Nope.

      Was bleibt – auch in dieser deiner Abhandlung: Du be-wertest und vor allem wertest du ab. Gefällt mir nicht. Ist recht unqueer in meinem Empfinden.

      Ich schreibe keiner Beziehungsform anderer Menschen mehr oder weniger wert zu als meinen (oder versuche es wenigstens), sondern erkenne ggf an, dass einige Beziehungsformen, Lebensformen, Begehrensformen, Liebensformen, Sexformen, Körperformen, Identitätsformen in dieser Gesellschaft es schwerer haben als andere.

      Das ist mE Umgang mit Privilegien. Um mit Privilegien umgehen zu können, muss ich mir meiner Position(en) bewusst sein. Mich dabei über andere zu erheben würde aber einen ganzen Teil meines Verständnis von queer ad absurdum führen.
      Weswegen ich weiterhin dir nicht zustimmen kann.

      WIe gesagt: Ich stimme Laufmoos zu – insofern, dass (im Rahmen und im SInne von Umgang mit Privilegien) in queeren Räumen gewisse Ausdrücke (oder Performances) eher mit Vorsicht zu zelebrieren sind. Allerdings sehe ich das weniger so wie du, sondern mehr wie Laufmoos. Könnte daran liegen, dass ich auch aus Hamburg und nicht aus Berlin bin.

      Nee, Heng. Echt nicht.

      1. Tipp des Tages: in RL reden. Haben Heng und ich für euch getestet, ist echt auch irgendwie ganz gut. Das Ergebnis: http://teariffic.de/2014/09/21/nicht-mitgedacht/

        Ich wünsch dir von Herzen einen schönen weiteren Prozess und freue mich von dir zu lernen und durch Call Outs Feedback zu geben.

  4. Vielen Dank für deinen Text! Volle Zustimmung. Ich selbst habe auch nochmal versucht meine Meinung zum Thema zu formulieren:

    http://nur-miria.blogspot.it/2014/09/biphobie-wer-hat-eigentlich-angst.html?m=1

  5. daniel

    voll und ganz zustimmung

  6. Jenna

    Huhu schwarzrund, ich habe deinen Blog erst jetzt entdeckt und finde deine Texte sehr bereichernd 🙂
    Hab diesen Text und die ganze Debatte erst jetzt mitbekommen, er berührt mich aber und ich bin dankbar dafür, weshalb ich einfach einen Kommentar da lassen will. Also Danke für deine tolle Aufdröselung des Kommentars von Heng!
    Mir hat ihr Text auch weh getan, denn ich bin wohl genau eine von denen, die Heng dann wohl scheiße findet, bzw. deren Ally sie nicht sein will (gut, eins muss ja nicht Ally für alle sein, aber in diesem Fall finde ich es doch irgendwie deplaziert oder einer verdrehten Logik folgend). Ich habe nämlich bisher nur heterosexuell zu lesende Beziehungen gehabt, würde mich aber trotzdem als bi bezeichnen (vielleicht auch pan, aber da ich nicht an einem Ort lebe, wo es eine großartige gelebte Subkultur von LGBTQIA gibt und daher noch nicht so viel Kontakt zu Inter- und Transmenschen hatte, bleibt es erstmal bei bi). Obwohl ich cis-heterosexuell aussehe und lebe, will ich mich also einfach so als bi labeln. Das liegt daran, dass das Begehren bei mir nicht bei cis-Männern aufhört.
    Vor nicht allzu langer Zeit dachte ich daher „Cool, dann bin ich ja immerhin in der LGTBQIA-Community willkommen“ (gibt genug andere spaces, wo ich nicht willkommen bin oder entweder unsichtbar oder als zu anders herausgestellt werde). Dann hab ich aber leider erfahren, dass das so nicht stimmt, weil ich Lesben getroffen habe, die Bisexuellen ihre Identität abgesprochen haben. Das hat weh getan, denn bisher habe ich immer den Mund aufgemacht, wenn mir homophober Mist über den Weg gekrochen kam und mit aller Kraft darum bemüht war und bin, Vorurteilen, Abwertungen und Lügen, die über LGBTQIA-Menschen verbreitet werden, zu widersprechen und zu hinterlegen. Damit habe ich mich nicht immer beliebt gemacht. Will ich auch gar nicht. Tja, und jetzt erfahre ich, dass ich es aufgrund meiner Lebensweise nicht wert sein soll, dass Queers sich mit mir solidarisieren. Denn das ist doch genau die Aussage: Du bist es nicht wert, dass ich solidarisch mit dir bin.
    Gleichzeitig bewirkt das ganze bei mir, dass ich mich noch weniger als jetzt schon traue, queere spaces überhaupt zu betreten. Ich weiß nicht, wie eins aufzutreten hat, wenn sie in einem queeren space akzeptiert werden will, aber so, wie ich und mein Partner* sind (der übrigens auch bi ist und genauso gegen Gendernormen kämpft wie ich – mit Taten und mit Worten), sind wir wohl nicht willkommen. Und deshalb bleiben wir zu Hause und gehen nicht zu der Queer-Party und müssen damit leben, weiterhin von anderen, auch von anderen aus dem LGBTQIA-Spektrum, als Hetenpaar gelesen zu werden. Schade irgendwie, aber das ist dann jawohl genau das, was Heng gerne haben möchte – immerhin damit haben wir dann wohl instinktiv richtig gehandelt.
    Sorry über den langen Laber-Post. Irgendwie habe ich aber den Eindruck, dass sich auch niemand in der Debatte so richtig traute, zuzugeben, zwar bi zu sein, aber (auf den oberflächlichen Blick) „heterosexuell“ zu leben, deshalb wollte ich das ausführlicher beschreiben.

    Ganz liebe Grüße,
    Jenna

    1. Hey Jenna, danke für den tollen Kommtar und einen Eiblick darein, wie sich der post bei dir ausgewirkt hat. Tatsächlich hatten und haben Hengameh ich darüber mehrere Debatten inkl Tränen geführt und Hengameh darüber auch nochmal gebloggt:
      http://teariffic.de/2014/09/21/nicht-mitgedacht/

      trotzdem ist es klar das mensch verletzt ist, das es schmerzt. ich mag dir noch einen Youtube link schicken deer mich sehr berührt bewegt und gestärkt hat 🙂
      https://youtu.be/qO_Dk_Z2zRM

      komm in queere Plätze, trau dich. Mein Weg war allein zu gehen wärend ich in einer ganz ähnlichen Beziehung wie du war oder als Freunde hinzugehen. Räume kennenzulernen GEfühle zu checken und dann nach und nach rauszufinden wann was geht und was nicht 🙂
      Aber ja, sommunity bedeutet immer auch Schmerz. Glaub mir-denn ich bin teil von vieelen 😀

      1. Jenna

        Hey schwarzrund, danke für deine Antwort und das tolle Video! Ich kannte die Vloggerin schon, habe aber nicht alle Videos von ihr geschaut und dieses war mir glatt durchgerutscht. Ja, du hast wohl recht – auch ich bin Teil von vielen und ich denke, dass es viel mehr von „unserer Sorte“ geben würde, wenn nicht entsprechende Ausschlüsse verhindern würden, dass die Leute sich öffnen. Ich finde es auf jeden Fall toll, dass du in der Debatte dran geblieben bist und Aufklärungsarbeit geleistet hast. Danke dafür <3

  7. […] Zum Weiterlesen schaut mal in diese Ausgabe der Queerulant_in und lest diesen ganz fabelhaften Text von Schwarzrund. […]

    1. Danke. Mich hat der Artikel sosehr erschlagen, sosehr veletzt da er auch aus meinem unmittelbarsten Umfeld kommt das ich mich gänzlich rausgezogen habe und versucht habe meine Identität nicht schon wieder zerreissen zu lassen, versucht daran zu denken das ich so einen mist in CutieBPoC Communkitys nicht (mehr) erlebe.

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